"Abseits ist dann, wenn der Schiedsrichter pfeift", dieser Spruch gilt immer. Dennoch lohnt es sich, die seitens des Fußball-Weltverbandes Fifa nun veröffentlichte und zur neuen Spielzeit in Kraft tretende Modifizierung einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es geht bei dieser Änderung der Abseitsregel vor allem darum, wann der Schiedsrichter zu pfeifen hat, wenn der Ball vom Abwehrspieler zu einem eigentlich im Abseits befindlichen Offensivakteur der gegnerischen Mannschaft gelangt.
"Bisher war die Anweisung so, dass die Schiedsrichter beurteilen mussten, ob beim Abwehrversuch eine geplante und gewollte Aktion des verteidigenden Spielers vorlag. In diesem Fall wurde die zuvor bestehende Abseitsposition weiter als passive gewertet und daher nicht geahndet. Hatte der Defensivmann jedoch eher unkontrolliert gegen den Ball getreten, so wurde aus dem passiven ein aktives und somit strafwürdiges Abseits", so das Fachmagazin "Kicker". Um allen Beteiligten diese Unterscheidung künftig zu ersparen, wird die Regelauslegung nun geändert. Nur wenn sich der Abwehrspieler schon wieder klar im Aufbauspiel befindet und ihm dann ein Fehlpass unterläuft, zieht noch der bekannte Spruch "Der Ball kommt vom Gegner", hingegen nicht mehr bei jeder sonstigen "Abwehraktion".
"Im Kern geht es ja darum, dass der Schiedsrichter entscheiden muss, ob es sich um einen bewussten Fehlpass des Abwehrspielers oder aber einen Abpraller handelt, denn nur bei einem echten Fehlpass im Aufbauspiel ist ja nicht auf Abseits zu entscheiden. Ich bin eher skeptisch, da ich der Meinung bin, das Fehlerpotenzial wird durch diese Regeländerung eher noch weiter erhöht", betont mit Horst Königstein einer der erfahrensten Schiedsrichter des Fußballkreises Limburg-Weilburg gegenüber der Nassauischen Neuen Presse. Jede Umstellungsphase sei problematisch, da Veränderungen nicht gleich in Fleisch und Blut übergehen könnten, so Horst Königstein.
Weniger Diskussionen
Grundlegend anders sieht Patrick Jahn vom Fußball-Kreisoberligisten SG Selters diese neue Variante der Abseitsregel. "Diese neue Auslegung finde ich richtig, weil in der Vergangenheit nie so recht klar war, wann eine neue Spielsituation entsteht, und wann nicht. Bislang fand ich die Auslegung hanebüchen. Diese Modifizierung zur neuen Saison aber sorgt ja im Grunde dafür, dass das so umstrittene passive Abseits weitgehend abgeschafft wird", so Patrick Jahn gegenüber der NNP. Er geht in diesem Zusammenhang auch davon aus, dass allen Fußballfans und auch den Beteiligten in Zukunft eine Menge Diskussionen erspart bleiben. Eine Erleichterung für die Schiedsrichter sieht der frühere Trainer des RSV Würges, der Eisbachtaler Sportfreunde und des RSV Weyer, Friedel Müller, durch die neue Auslegung der Abseitsregel, insbesondere für die Unparteiischen in den Spielklassen unterhalb der Gruppenliga Wiesbaden, in denen noch keine Assistenten an der Linie stehen. "Es wird meiner Meinung nach etwas einfacher für die Referees, weil die Regel nun klarer definiert ist. Wäre die alte Variante in der bisherigen Form weitergeführt worden, hätte es sicher bald auch die ersten Trainer gegeben, die sich durch taktische Kniffe Vorteile hätten verschaffen wollen. Das dürfte es nun aufgrund der klaren Definition nicht mehr geben", so der A-Lizenz-Inhaber aus Nauheim, der zuletzt die U19 des Drittligisten SV Wehen Wiesbaden betreut hatte. Insgesamt sieht Friedel Müller gerade die deutschen Unparteiischen im Profibereich sehr positiv: "Die machen aus meiner Sicht in großen Teilen einen sehr guten Job, wenn sie in Bruchteilen von Sekunden häufig die richtigen Entscheidungen treffen, und das bei diesem Tempo."