"Derzeit gibt es nach unserer Einschätzung noch kein perfekt ausgereiftes System, welches diese tiefgreifende und möglicherweise dann endgültige Entscheidung einer sofortigen Einführung rechtfertigt", sagte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig der "Bild-Zeitung". Heißt im Klartext: Torlinien-Technologie ja, aber frühestens zum 1. Juli 2015.
Nach dem "Torklau von Hoffenheim", als das Schiedsrichter-Gespann um Thorsten Kinhöfer einem klaren Treffer seine Anerkennung verweigert hatte, erhielt die Diskussion über technische Hilfe für Unparteiische gleich zum Bundesliga-Start am vergangenen Samstag neue Nahrung.
Nahezu alle Beteiligten sprachen sich für eine rasche Einführung aus - einzig die DFL beharrt weiter auf ihrem Standpunkt. "Alle Systeme der vier Anbieter bieten noch keine hundertprozentige Sicherheit. Vielleicht wäre es zu dieser Fehlentscheidung nicht gekommen. Das ist hypothetisch", sagte DFL-Vorstandsmitglied Heribert Bruchhagen dem "Kicker". Der Vorstandsboss von Eintracht Frankfurt rechtfertigte die Haltung der DFL mit objektiven Argumenten. Es sei ja auch die Popularität des Fußballs, erklärte der 64-Jährige, "dass in allen Klassen von der Bundesliga bis zur Kreisebene unter gleichen Voraussetzungen gespielt wird". Allein aus Kostengründen könne die Technologie nur in der Bundesliga und Zweite Liga eingeführt werden.
Demnach käme es laut Bruchhagen in der Relegation zwischen Zweit- und Drittligisten zu Begegnungen "mit unterschiedlichen Voraussetzungen". DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatte unlängst seine Zweifel mit Blick auf die ersten Runden des DFB-Pokals geäußert, in der zahlreiche Amateurclubs vertreten sind.
Sowieso wäre der Fußball selbst mit der Unterstützung von hochkomplexer Technik für Bruchhagen nicht vor weiteren Fehlentscheidungen geschützt. "Es gibt einen Risikobereich von bis zu drei Zentimetern. Was passiert denn, wenn trotz Einführung einer Technik ein Treffer nicht angezeigt wird?", fragte Bruchhagen.
Eine Lösung bot unterdessen der Kaiser an. Bei "Sky90" machte sich Franz Beckenbauer für eine Überwachung der Torlinie mit technischen Hilfsmitteln und darüber hinaus den Einsatz von Torrichtern stark. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) will sich im Gegensatz zum Weltverband Fifa einer technischen Lösung verweigern und setzt stattdessen auf Torrichter.
Beim Confed-Cup in Brasilien hatte die Fifa die in Deutschland entwickelte Goal-Control-Technik mit einer Messtoleranz von nur 0,5 cm getestet. Die Fifa hat schon angekündigt, bei der WM-Endrunde 2014 in Brasilien das deutsche oder ein anderes Kontrollsystem einzusetzen.
Im englischen Fußball erlebte die Torlinientechnik am Sonntag im Wembley-Stadion ihre Premiere. Das "Hawk-Eye-System" wird auch in der kommenden Premier-League-Saison eingesetzt.