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Wieder nur Blech für Spiegelburg

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Der bislang größte emotionale Ausbruch dieser WM und die fast schon tragische Fortsetzung einer bitteren Serie lagen am Dienstagabend im Moskauer Luschniki nur wenige Minuten auseinander. Die Russin Jelena Issinbajewa legte einen Spurt quer über die Laufbahn hin, sprang verfolgt von einem Pulk Fotografen über die Werbebande und umarmte ihren Trainer. Sie war gerade in ihrer Heimat und im wichtigsten Wettkampf einer filmreifen Karriere zum dritten Mal Stabhochsprung-Weltmeisterin geworden.

Tragische Serie geht weiter

Silke Spiegelburg dagegen suchte einfach nur Trost bei ihrem Coach. Die deutsche Rekordhalterin wurde schon wieder nur Vierte in einem großen Finale. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie bei den Olympischen Spielen in London und bei der EM in Helsinki nur knapp die erste globale Medaille ihres Sportlerlebens verpasst. «Mir fehlen ein bisschen die Worte», sagte die 27-Jährige im ZDF. «Ich habe zum Höhepunkt das Beste gegeben und war ein bisschen hibbelig. Das ist vielleicht das Einzige, was ich mir vorwerfen kann.»

Von der Kubanerin Yarisley Silva hing sowohl für Spiegelburg als auch für Issinbajewa am Ende alles ab. Als die Weltjahresbeste zunächst 4,82 Meter übersprang, war klar, dass es für die Deutsche wieder nicht reichen würde (4,75). Denn Spiegelburg war zuvor dreimal an der Einstellung ihres nationalen Rekords gescheitert.

Issinbajewa begeistert gefeiert

Als Silva wenig später aber an 4,89 Metern scheiterte, stand Issinbajewa als neue Weltmeisterin fest. Die 31-Jährige riss die Arme hoch und lief los. Im Luschniki-Stadion war in diesem Moment zum ersten Mal bei dieser WM und selbst im Gegensatz zu den Szenen nach dem 100-Meter-Sieg von Usain Bolt das eigene Wort nicht mehr zu verstehen. «Jelena, Jelena», schrien die Zuschauer. Und Issinbajewa meinte später: «Das war mein Heim-Stadion, meine Heim-WM. Jeder stand hier heute hinter mir, das habe ich gespürt. Das gab mir viel Energie. Die Unterstützung war kolossal.»

Die frühere Weltsportlerin des Jahres feierte nach zwei Olympiasiegen und insgesamt 30 Weltrekord-Sprüngen im Freien und in der Halle aber nicht nur ihren dritten WM-Titel nach 2005 und 2007. Issinbajewa wird ihre Karriere nach diesem «wichtigsten Erfolg meiner Karriere» erst einmal unterbrechen.

«Ich werde eine Pause machen, ein Baby kriegen und dann versuchen, zu den Olympischen Spielen 2016 zurückzukehren», sagte sie am späten Abend. Ein Rücktritt sei für sie nur ein Thema, wenn sie nach ihrer Schwangerschaft Probleme haben sollte, ihr altes sportliches Niveau wiederzufinden. Dann wäre die Karriere der mit Abstand beliebtesten Sportlerin Russlands am Montagabend mit ihrer Ehrenrunde im Luschniki-Stadion zu Ende gegangen.

Issinbajewa ließ sogar noch einmal die Weltrekordhöhe von 5,07 Metern auflegen. Am Ende blieb es aber bei der Saisonbestleistung von 4,89 Metern und dem Sieg vor Jennifer Suhr aus den USA und Silva (beide 4,82). «Ich habe diesen Titel unbedingt gewollt», sagte sie.

Holpriger Start

Dabei hatte es danach zunächst nicht ausgesehen. «Die ganze Tribüne ist von meinen Freunden besetzt. Hier fühle ich mich sicher. Ich verspüre keinen Druck», hatte Issinbajewa im Vorfeld gesagt. Doch abgesehen von den Freunden auf der Tribüne sah die Realität anders aus, als der Wettkampf am frühen Abend begann. Die 31-Jährige war so nervös wie vor ihrer ersten großen Meisterschaft. Sie zog sich eine rote «Russia»-Mütze tief ins Gesicht und sprach mit sich selbst. Die Anfeuerung von draußen? Die nahm sie zunächst kaum wahr.

Ihr allererster Sprung missglückte völlig. Der zweite Versuch über 4,65 Meter war aber so etwas wie ihr Durchbruch an diesem Abend. Issinbajewa flog so weit über diese Höhe, dass zwischen sie und die Latte noch eine Werbebande eines ihrer vielen Sponsoren gepasst hätte. Die Russin streckte sich wie eine Turnerin beim Jubel. Die erfolgreichste Springerin der Leichtathletik-Geschichte war in ihrem vielleicht wichtigsten Wettkampf angekommen. Danach schaffte sie sogar 4,75 und 4,89 Meter im ersten Versuch, sie war wie zu ihren besten Zeiten nicht aufzuhalten. «Einen nostalgischen Moment», hatte sie sich vorher gewünscht. Genau der ist es geworden.




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