Knapp ein Jahr nach Olympia in London wird es wieder richtig ernst für die deutschen Slalom-Kanuten. Schon seit einer Woche sind die Wildwasserpaddler von Bundestrainer Michael Trummer in Prag versammelt, wo an diesem Donnerstag die Weltmeisterschaften beginnen. Täglich wird trainiert, täglich steigen Anspannung und Druck. «Die Erwartungshaltung ist groß, was die Ergebnisse betrifft. Realistisch ist eine Ausbeute wie 2012», sagt Verbandpräsident Thomas Konietzko.
Bei den Sommerspielen gab's in den olympischen Disziplinen einmal Silber und einmal Bronze zu bejubeln - jetzt soll möglichst auch der Griff nach Gold gelingen. «Unser Anspruch ist es natürlich schon, ganz oben zu stehen. Aber in der Weltspitze geht es so eng zu, dass wir letztlich um jeden Podestplatz froh sind», meint Konietzko.
Nach ihrem Dreifacherfolg im Gesamtweltcup gelten vor allem die drei Kajak-Einer-Asse Sebastian Schubert, Fabian Dörfler und der Olympia-Dritte Hannes Aigner als ausgemachte Medaillenkandidaten. «So eine große Leistungsstärke gab es bei uns in einer Disziplin bisher noch nie. Der Weltcup hat gezeigt, was für eine Klasse wir in diesem Bereich haben», betont Bundestrainer Trummer.
Eine Plakette eingeplant hat auch Canadier-Einer-Pilot Sideris Tasiadis, der in London nur knapp am Olympiasieg vorbeigefahren und schließlich Silber geholt hatte. Der Franzose Tony Estanguet, damals etwas schneller unterwegs als der Augsburger, hat inzwischen seine Karriere beendet und fehlt als prominenter Kontrahent. «Es wird sicherlich richtige Fights in den Finalläufen geben. Mein Ziel ist natürlich eine Medaille», bekräftigt Tasiadis.
Die WM-Strecke an der Moldau, bereits 2006 Austragungsort der Welttitelkämpfe, gilt als eher leicht befahrbar. Was im Umkehrschluss auch bedeutet: Jeder kleiner Fehler wird knallhart bestraft. «Wenn du einmal nicht Acht gibst, wird dir das nicht mehr verziehen. Letztlich werden sich die Nervenstärksten durchsetzen», prognostiziert Konietzko.
Zum entscheidenden Vorteil könnte vor allem für die Gastgeber die Unterstützung von den Rängen werden: Schon vor WM-Beginn sorgte die im Slalomsport ungewohnt mächtige Tribüne direkt am Kanal für Begeisterung. «Die Tribüne ist - abgesehen von Olympia - die größte, die ich bisher bei einer WM gesehen habe», befand Aigner. Auch die Strecke selbst ist wieder bestens in Schuss, nachdem das Hochwasser im Juni den gesamten Kanal noch überflutet hatte.
Athleten aus 47 Nationen treten in Prag an - und zwar bis zu drei eines jeden Landes in jeder Disziplin. Bei Olympia durfte dagegen nur ein Starter pro Mannschaft ran. «Das macht es mindestens genauso schwer. Wir haben zwar jetzt auch mehrere Medaillenkandidaten, müssen aber immer gegen drei Slowaken, drei Briten, drei Tschechen und drei Franzosen antreten, die alle in Topform sind», kommentiert Trummer.