Der Schweiß rinnt den Ju-Jutsuka des 1. Judo-Club Hofheim aus allen Poren. An einem heißen Sommerabend haben sich Manuela Lukas, Lukas Jorg, Marvin Langheim und Mark Meister zum Training in der Gymnastik-Halle der Bodelschwinghschule verabredet. Trotz der Tatsache, dass die Europameisterschaften schon Anfang Juni und die deutschen Meisterschaften nur kurz danach waren, sind die vier mit Feuereifer bei der Sache. In der kleinen Halle in Hofheim scheint das Training der Athleten, deren Sport als "sanfte Kunst" gilt und hauptsächlich Selbstverteidigungstechniken anwendet, noch intensiver als sonst. Trotz der erschwerten Trainingsbedingungen und der Tatsache, dass Mark Meister den im Urlaub befindlichen Trainer Achim Berger vertreten muss und die Gymnastikhalle nur das Ausweichquartier ist, herrscht gute Laune.
Wen wundert’s, waren die Ergebnisse zuletzt doch herausragend. Manuela Lukas ist Europameisterin in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm, Lukas Jorg holte sich bei den U21-Junioren in der Gewichtsklasse bis 77 Kilo seinen dritten deutschen Meistertitel, und der 21-jährige Marvin Langheim verpasste bei seinem ersten Start bei den Senioren die Bronzemedaille nur knapp. Der ebenfalls zu Trainingsgruppe gehörende Felix Adelsberger, Zweiter der deutschen U21-Meisterschaft in der 85-Kilo-Klasse, ist im Urlaub. Die Trainingskollegen aber schwitzen aus gutem Grund. Allen vorn Manuela Lukas. Ihr steht ein ganz wichtiger Wettkampf bevor. Sie wirkt zwar locker, ist aber sehr fokussiert. In den nächsten Tagen hat sie Großes vor. Die 29 Jahre alte Doktorandin aus Hattersheim startet bei den am Donnerstag, 25. Juli, beginnenden World Games in Cali (Kolumbien) für Deutschland. Zur Vorbereitung absolviert sie gut vier Mal in der Woche zweistündige Trainingseinheiten. "Keiner trainiert, um Zweiter zu werden", sagt Manuela Lukas. Im Training heißt das: Zunächst ein 20-minütiges Aufwärmprogramm, das aus Seilspringen, Joggen, Schattenboxen, Bodenkämpfen oder sogar Basketballspielen bestehen kann. "Danach wird circa eine Stunde lang an Komponenten wie Technik oder Schnellkraft gefeilt, bevor es dann ans Kämpfen geht", erklärt Marvin Langheim. Der Student betreibt die Kampfsportart schon seit zwölf Jahren. Vor allem die Vielseitigkeit fasziniere ihn, erzählt der 21-Jährige. Die Kombination aus den drei Parts "Schlagen und Treten", "Boden" sowie "Werfen", biete immer neue Möglichkeiten, sich zu verbessern. "Wenn es dann aber auf einen Wettkampf zugeht, sollte die Technik schon sitzen", meint Langheim. Daneben kommt es beim sich ständig aus anderen Kampfsportarten technisch weiterentwickelnden Ju-Jutsu auf die mentale Stärke an. "Wenn der Kopf nicht stimmt, kann der Körper machen was er will", sagt Marvin Langheim.
Den Sieg im Visier
Damit möglichst beides gut zusammenspielt, trainiert Manuela Lukas mit Lukas Jorg. Der 19-jährige, dreifache deutsche Jugendmeister verschafft der Europameisterin einen Vorteil. "Na klar ist das Training mit Männern für mich besser", weiß die World-Games-Teilnehmerin. Lukas Jorg, der wie Manuela Lukas dem Bundeskader angehört, fordert seine Kontrahentin. "Auch wenn ich wegen der hohen Anforderung im Training technisch nicht mehr so viel ausprobieren kann, hilft es mir ungemein", erklärt die 29-Jährige. Nicht nur, dass das Training mit den Männern "unproblematischer" als mit Frauen sei, es bereite sie auch auf den Ernstfall im Wettkampf vor. "Da bin ich es auch gewohnt, wenn es mal härter einschlägt", erklärt Lukas. Die Konkurrenz bei den World Games ist stark. "Jede der ersten Fünf kann den Titel holen", weiß Manuela Lukas. Auch deswegen legt sie gerne Extra-Einheiten im Training ein. Und weil sie ehrgeizig ist. Bei ihrer ersten Teilnahme an den World Games möchte sie möglichst gleich den Sieg. "Da ich erst seit 2009 im Bundeskader bin, hatte ich ja vorher noch keine Gelegenheit", berichtet die Ju-Jutsuka. Sechs deutsche Sportlerinnen sind in den drei Gewichtsklassen 55, 62 und 70 Kilogramm am Start bei den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten.
Genauso gut wie mit ihren männlichen Kollegen vom 1. Hofheimer Judo-Club versteht sich Lukas mit den fünf Bundeskader-Kämpferinnen. "Wir treffen uns vor großen Turnieren immer schon an den Wochenenden zuvor, trainieren, kochen und übernachten gemeinsam", berichtet Manuela Lukas vom besonderen Zusammenhalt des deutschen Teams. Auch wenn in der Einzelkampfsportart jeder für sich seinem Gegner gegenüber, auf der Matte stehe, sei der Teamgeist wichtig. "Der Erfolg gibt uns doch recht", sagt Manuela Lukas schmunzelnd und erinnert an die Europameisterschaft. Dort holten die Deutschen vier von fünf Goldmedaillen. Diese Erfolgsgeschichte soll in Kolumbien fortgesetzt werden. Die Vereinskollegen vom Hofheimer JC jedenfalls drücken ihrer "Manu" ganz feste die Daumen.