Es ist in jedem Sommer das gleiche Spiel. Vor dem Start weiß keiner, wo er wirklich steht, und deshalb treiben Armin Veh derzeit auch gemischte Gefühle um. Eines ist aber klar: "Wenn du fünf Wochen Vorbereitung hinter dir hast, wird es Zeit, dass es losgeht. Da freuen wir uns natürlich drauf", sagt der Trainer der Frankfurter Eintracht vor der neuen Bundesliga-Saison, die für ihn und seine Fußballprofis heute um 15.30 Uhr mit dem Gastspiel in Berlin bei Aufsteiger Hertha BSC beginnt.
Die Reise in die Hauptstadt wird so zur ersten Frankfurter Standortbestimmung. Dass der ohnehin mit kniffligen ersten Hürden für die Eintracht aufgestellte Spielplan gleich ein Treffen bei dem prominenten Rückkehrer vorsieht, passt Veh dabei eher weniger. "Es ist nicht einfach bei einem Aufsteiger", meint er und fügt aus eigener Erfahrung an: "Die sind am Anfang ziemlich euphorisiert, das wissen wir ja aus dem letzten Jahr."
Seinerzeit begann die Eintracht ihr Bundesliga-Comeback mit verblüffenden vier Siegen - was die Grundlage war für den sensationellen sechsten Platz am Ende der Runde, der dazu führte, dass man jetzt am 22. und 29. August gegen Aserbaidschans Meisterschaftszweiten FK Karabach Agdam um den Einzug in die Europa-League-Gruppen spielen darf (lesen Sie dazu auch unten stehenden Artikel).
Ein ähnlicher Raketenstart ist nun kaum zu erwarten. Zu den ersten beiden Partien in Frankfurt werden schließlich die Champions-League-Finalisten aus München und Dortmund erwartet, zwischendrin geht es zum zweiten Aufsteiger nach Braunschweig. "Wenn man unser Auftaktprogramm sieht, sollten wir in Berlin schon was holen", sagt Veh. "Die Qualität dazu haben wir. Wir hatten eine gute Vorbereitung, haben die Mannschaft zusammengehalten. Ich denke schon, dass wir nicht bei Null anfangen."
Dass auch die Hertha "ein paar Gute" dabei hat, ist dem Trainer nicht verborgen geblieben, am Gegner ausrichten wird er seine Mannschaft freilich trotzdem kaum. "Ich weiß ja auch gar nicht, wie sie gegen uns spielen, obwohl ich schon so meine Gedanken dazu habe", sagt er. Viel wichtiger ist ihm der eigene Auftritt: "Wir werden versuchen, unsere Taktik durchzubringen", kündigt er an und ergänzt: "Wir spielen ja auch selbst ein bisschen anders als letztes Jahr."
Tatsächlich dürfte die Eintracht in Berlin wie beim etwas mühsamen Pokalsieg gegen den Regionalligisten FV Illertissen in einem 4-4-2 mit Mittelfeldraute auflaufen und nicht im 4-2-3-1-Erfolgssystem der letztjährigen Hinrunde. "Normalerweise spielen wir so, wie wir es trainiert haben", erklärt Veh - was dann nach den letzten Eindrücken auch heißen würde, dass Bamba Anderson und nicht Marco Russ die Abwehrzentrale verteidigt. Mit Johannes Flum, Jan Rosenthal und Joselu schaffen es wohl drei Neuzugänge in die Startelf.
Dass Veh jetzt mehr Personalalternativen als voriges Jahr hat, ist mit Blick auf die anstehenden Aufgaben unerlässlich. Schließlich lauert da ja noch eine weitere große Unbekannte: "Wenn wir es in die Europa-League-Gruppenphase schaffen, muss man sehen, wie die Spieler die zusätzliche Belastung verkraften. Viele hatten das noch nicht", sagt Veh, für den die Saison auch deshalb eine "Reise ins Ungewisse" ist. Dass eine Überraschung wie in der zurückliegenden Saison dabei nicht gerade wahrscheinlich ist, weiß er auch. "Ich bin Realist und kein Fantast. Eintracht Frankfurt gehört nicht in obere Gefilde. Im Normalfall werden wir Zwölfter oder 13., wenn es richtig gut läuft auch mal Achter. Wenn es schlecht läuft, werden wir 16. oder 17.", meint Armin Veh, nicht ohne anzufügen: "Die Chance, Fünfter oder Sechster zu werden, kann man vielleicht auf fünf Prozent beziffern. Aber sie ist da, und das ist das Schöne." Ein Erfolgserlebnis zum Anfang wäre dafür die beste Hilfe.
Die mögliche Aufstellung: Trapp - Jung, Zambrano, Anderson, Oczipka - Schwegler - Rode, Flum - Meier - Rosenthal, Joselu.