Starker Saisonstart - furioses WM-Finish? Die deutschen Leichtathleten schalten im nacholympischen Jahr keinen Gang zurück und wollen auch bei den Weltmeisterschaften vom 10. bis 18. August Gas geben. "Wir haben schon eine ganze Reihe von Topleistungen und vor allem Siege deutscher Athleten in der Diamond League gesehen. Das ist etwas Besonderes", meinte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), vor den nationalen Titelkämpfen am Wochenende in Ulm. "Deshalb können wir so gut wie bei den Olympischen Spielen 2012 in London und bei der WM 2011 in Daegu abschneiden."
An der Themse holten die DLV-Asse acht Medaillen, bei den Welttitelkämpfen in Südkorea waren es sieben - darunter drei goldene. Für die WM in Russland haben bereits 42 Athleten die Tickets in der Tasche. "Ich gehe davon aus, dass das deutsche WM-Team ungefähr so groß ist wie das von London", erklärte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen. Zur Olympia-Mannschaft gehörten 75 Leichtathleten.
Bei den 113. deutschen Meisterschaften, der letzten großen WM-Qualifikation, verspricht die Jagd nach Normen und Titel viel Spannung. "Es wird in Ulm noch ein deutliches Leistungssignal geben", prophezeite Kurschilgen. Nominiert wird das WM-Team aber erst am 16. Juli, um die Resultate der DLV-Talente bei der U 23-EM im finnischen Tampere noch zu berücksichtigen.
Besonders im Blickpunkt des Ticket-Gerangels stehen einmal mehr die Stabhochspringer. Bei den Männern haben Raphael Holzdeppe (5,91 Meter), Björn Otto (5,90) und Malte Mohr (5,86) die Norm geschafft. Mit Hendrik Gruber (5,63) und Karsten Dilla (5,61) liegen aber noch zwei weitere Moskau-Kandidaten auf der Lauer.
"Ich möchte deutsche Meisterin werden, keine Frage", sagt die Olympia-Zweite Christian Obergföll, die ihren Speer schon 67,70 Meter weit warf. Dies gilt ohne Frage ebenso für Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt), die zehnmal bei Meetings in Folge siegte, die WM-Norm längst in der Tasche hat und in Vereinskameradin Kathrin Klaas erneut die schärfste Rivalin haben wird.
Ariane Friedrich hingegen zählt gut fünf Wochen vor WM-Beginn zu den Sorgenkindern. Nach einer Reihe von Verletzungen zog sich die WM-Dritte von 2009 bei ihrem letzten Auftritt in Bühl eine Knie-blessur zu. Für sie wird es schwer, die WM-Norm von 1,95 Meter noch zu schaffen.
Die Norm attackieren will auch Homiyu Tesfaye. Der erst vor einer Woche eingebürgerte, gebürtige Äthiopier startet eine Woche vor der U 23-EM über 800 Meter (viertbeste deutsche Saison-Bestzeit 1:46,40/WM-Norm 1:45,30) und über 1500 Meter (mit 3:36,90 zweitschnellste deutsche Jahreszeit/WM-Norm 3:35,00). Die anderen Frankfurter sind von der WM-Norm weit entfernt. Hochspringer Martin Günther (2,24 m) möchte aber zumindest den Titel holen.
Die Fahrkarte nach Moskau einlösen will die 400-m-Hürden-Läuferin Christiane Klopsch (LG OVAG Friedberg-Feuerbach), die deutsche Jahresbeste in ihrer Spezialdisziplin ist (56,83/WM-Norm 55,40), bei einer WM-Teilnahme aber auch für die Staffel in Frage kommt.